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Neuanfang

Schon bald nach Kriegsende waren Flüchtlinge und Vertriebene in den neuen Wohngebieten um früheren Zusammenhalt bemüht. Hinterbliebene suchten nach Fehlenden in so vielen Fällen leider vergeblich.Große Hilfe leisteten die Suchkarteien des Roten Kreuzes und anderer Dienststellen. Ein Hauptanliegen war zunächst, sich familiär, nachbarschaftlich und örtlich wiederzufinden. Organisierte Zusammenschlüsse der Vertriebenen in größerem Rahmen waren in den ersten drei Jahren von den Alliierten verboten. In  der ehemaligen DDR galt dieses Verbot sogar noch bis zur Wende.

Ab 1948 bildeten sich offiziell 17 Landmannschaften aus allen Vertreibungsgebieten.

1950 schlossen sich die Heimatvertriebenen politisch zusammen und gründeten die Partei BHE (Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten)
In der Zeit von 1950 bis 1961 war diese Partei im Bundestag und in einigen Länderparlamenten vertreten.

Am 5. August 1950 wurde die „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ in Stuttgart auf einer Großkundgebung in Gegenwart von Mitgliedern der Bundesregierung, der Kirchen und der Parlamente von den Unbekannten Heimatvertriebenen verkündet. Sie trägt die Unterschriften der Sprecher der Landsmannschaften der Vertriebenen sowie der Vorsitzenden des Zentralverbandes der vertriebenen Deutschen und seiner Landesverbände.

charta überschrift seitwärts transparent

Die Landsmannschaft Schlesien, die in Bayern gegründet wurde, hatte ihr erstes großes Deutschlandtreffen 1950 in Köln mit über 150.000 Teilnehmern. Bei diesem Treffen wurde auch die in Stuttgart am 5. August 1950  verkündete Charta der deutschen  Heimatvertriebenen bestätigt, in der die Vertriebenen auf Rache und Vergeltung verzichten und sich zu einem geeinten Europa bekennen.

Auch bei den Heimatvertriebenen aus dem Kreis Militsch-Trachenberg wuchs der Wunsch, sich zu organisieren und so kam es zu immer mehr Treffen, anfänglich im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis und später weiteten sich diese Treffen immer mehr aus und wurden zu den heute noch stattfindenden Kreistreffen und Bundestreffen.

Der Letzte Landrat von Militsch war Dr. jur. Hans Friedrich Le Tanneux von Saint Paul. Er wurde nach der Vertreibung in Hannover sesshaft und war der Erste, der zum „Sammeln“ der Weitverstreuten aufrief. Die ehrenamtliche Betreuung seiner Landsleute erfolgte  unter schwierigsten Umständen und mit kärglichen Mitteln. Er  begann  die Adressen bei jeder sich bietenden Gelegenheit aufzuschreiben und zu sammeln  um eine Kontaktaufnahme zu den Weitverstreuten zu ermöglichen.  Nach 1945 entstanden die Patenschaften für Heimatvertriebene. Das Land Niedersachsen übernahm 1951 die Patenschaft für Nieder- und Oberschlesien.

Die Schlesiertreffen fanden in regelmäßigen Abständen statt.

Beim Schlesiertreffen am  26 . Juni  1955 in Hannover auf dem Messegelände waren rund 300.000 Schlesier, es war das 5. Bundestreffen der Landsmannschaft Schlesien.
Die ca.  2000 anwesenden ehemaligen  Militsch-Trachenberger Kreisbewohner erlebten in der geräumigen Halle 7 A ihr eigenes Heimattreffen.

Landrat a.D. Dr. von Saint Paul begrüßte alle Landsleute aus West und Ost aufs Herzlichste. Mit allem Ernst wies er aber dann darauf hin, das künftig alle Arbeit nicht mehr von einigen wenigen Landsleuten geleistet und womöglich auch noch finaziell getragen werden könne. Wenn die Wenigen einmal nicht mehr mitmachen, hilft uns niemand mehr! Es gilt daher:

Die Heimatkreisorganisation weiter auszubauen und finanziell besser zu untermauern.

Zu diesem Thema hatte dann Landsmann Adolf Kleist das Wort: Die  immer mehr steigenden Aufgaben der Heimatkreisorganistion machen, so betonte er, es dringend erforderlich, deren Arbeit auf breitere Schultern zu legen und vor allem die besonders brennende Frage der Finanzierung zu lösen. Wohlgemerkt: Alle Arbeit im Dienste unserer Heimat wird ehrenamtlich, also ohne jedes Entgelt, geleistet.

Der heute schon in Hannover lose bestehende Kreisverein soll nunmehr auf das ganze Bundesgebiet ausgedehnt werden. Der Landrat wird sich daher in nächster Zeit in einem Rundschreiben mit beigelegter Zahlkarte an alle Landsleut mit der Bitte um Leistung eines Beitrages von monatlich 0,50 bis 1,– DM wenden, der der Portoersparnis möglichst halb- oder ganzjährig zu zahlen wäre.

Im Interesse der Verteilung der ehrenamtlichen Arbeit wurden für einen zu bildenden Kreisvorstand folgender Vorschlag gemacht:

1. Vorsitzender:        Dr. von Saint Paul
2. Stellvertreter:        Anton Kleist
3. Schatzmeister:     Emil Bautor

4. HKVM:                   Kurt Lange (Düsseldorf)
5. 1.Beisitzer:            Reinhard Kurde
6. 2.Beisitzer:            Otto Falk

Die Versammlung erklärte sich mit diesem Wahlvorschlag einstimmig einverstanden.
(Militsch-Trachenberg Kreis- und Stadtblatt  Nr.22/1955 S.1 – 5)

Das war die „Geburtsstunde“ des Vereins, der Heimatkreisgemeinschaft  Militsch – Trachenberg.

Dieser Vorstand der sich beim Schlesiertreffen am 26.6.1955 den ehemaligen Kreisbewohnern vorstellte und durch Applaus und Zurufe von den Heimatfreunden Zustimmung und Anerkennung fand, legte durch diese Vereinsgründung den „Grundstein“ für eine jahrzehntelange  Erfolgsgeschichte.

Landrat Dr. von Saint Paul wurde der erste Vorsitzende, deshalb konnte er sich dann um einen Patenkreis für die Militsch-Trachenberger bemühen. Durch Vermittlung von Diplomlandwirt William Kampe ( der 1970 die Geschäftsführung der Heimatkreisgemeinschaft Militsch-Trachenberg  als Nachfolger von Johannes Anders übernahm)  war der Landkreis Springe zu Gesprächen in dieser Hinsicht bereit.

In der Sitzung des Kreistages am 25.2.1957 ist die einstimmige Übernahme der Patenschaft vom Landkreis Springe beschlossen worden.

Das bedeutete: Der Landkreis Springe hat die Patenschaft für 50.000 Schlesier aus dem Kreis Militsch-Trachenberg übernommen.

Die beiden Kreise waren fortan durch die Patenschaft eng miteinander verbunden und Springe sollte zukünftig eine zweite Heimat für die Militsch-Trachenberger werden, das bestreben war ein festes Band der Freundschaft zwischen den beiden Kreisen zu knüpfen.

„In der Patenschaft geborgen und vereint in Treue zur Heimat.“  Der geliebten Heimat und deren Menschen zu gedenken und dem Patenkreis Springe für dessen Hilfe und Unterstützung aus vollem Herzen zu danken. Das waren die Grundsätze für die zukünftige Zusammenarbeit.

Weiterer Sinn der Patenschaft ist auch, uns das Heimatgefühl lebendig zu erhalten, damit das Treueverhältnis zur alten Heimat , obgleich sie vorerst verloren ist, in den Herzen wach bleibt und auf die Jugend übertragen wird. Diesem Ziel dienten alle Bemühungen.

Wenn dabei der Patenkreis unsere Unterstützungswünsche helfend zu seiner Sache macht, dann stützt er damit auch unser allerliebstes Anliegen, nämlich die Pflege der Verbundenheit mit unseren Landsleuten in der Zone. Mit unseren Landsleuten in der Zone wollen wir unter allen Umständen im Kontakt bleiben.

Die feierliche Übergabe der Patenschaftsurkunde erfolgte am 17.6.1957 in einem Festakt im Volkspark Springe. Der Kreisvorstand erhielt nun den Namen Heimatkreisgemeinschaft, bekam ein Büro im Kreishaus in Springe und die Stadt Springe wurde damit offizieller Sitz der Heimatkreisgemeinschaft Militsch-Trachenberg. Seitdem wurden dort die 2 jährigen Bundestreffen durchgeführt.

Saint Paul
Landrat a.D. Dr. Hans Friedrich Le Tanneux von Saint Paul erhielt bei der Patenschaftsfeier als Annerkennung für seine seit 1945 geleistete Arbeit ein von dem bekannten Bildhauer Helmut Benna aus Holz geschnitztes Wisenttier mit der Widmung: "Unser Dank ist die Treue" als Sinnbild für die Kraft des Ausharrens und als Zeichen der Verbundenheit mit Springe. Dieses Geschenk ließ der Geschäftsführer Johannes Anders von einem kleinen Mädchen überreichen.
Landrat Lichtenberg Landrat Saint Paul
Übergabe der Patenschaftsurkunde von Landrat Walter Lichtenberg (Springe) an Landrat a.D. Dr. Hans Friedrich Le Tanneux von Saint Paul
Saint Paul mit Wappen der HKG
Übergabe des Wappens der Heimatkreisgemeinschaft von Landrat a.D. Dr. Hans Friedrich Le Tanneux von Saint Paul an Landrat Walter Lichtenberg